Die Stader Handballerinnen feiern nach 60 Minuten. Das Publikum in der Fredenbecker Geestlandhalle steht und klatscht. Gut 500 Menschen sind am Samstag gekommen. Die Trommler trommeln. VfL-Trainer Dennis Marinkovic beschreibt die Offensivleistung seiner Mannschaft als „Bilderbuchhandball“.

Nur in der Abwehr habe das Team die Thüringer Wurfgewalt aus dem Rückraum nicht in den Griff bekommen. Wenn die Torhüterin des THC, Laura Kuske, nicht so gut gehalten hätte, wäre das Ergebnis noch deutlicher ausgefallen. Kuske entschärfte allein in den ersten sechs Minuten fünf hundertprozentige Stader Chancen. Die 22-Jährige wechselt im Sommer zum Buxtehuder SV. Der Bundesligist kann sich freuen auf das Talent.

BSV-Neuzugang Laura Kuske hält überragend

Der VfL Stade übersteht diesmal die kritische Phase in der zweiten Halbzeit. 20:18 steht es zur Pause für die Gastgeberinnen. 24:18 steht es nach 35 Minuten. Klingt nach einem beruhigenden Vorsprung. Thüringen kommt aber noch einmal zurück, der VfL Stade wackelt kurz, scheitert reihenweise an Laura Kuske, fällt aber nicht.

„Heute haben wir es geschafft, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen“, sagt VfL-Spielerin Lisa Prior. Prior erzählt, dass sie platt war, dass sie jede Minute herunter gezählt hat. Dieses Spiel ging an die Substanz.

VfL Stade fliegt für letztes Spiel nach Zürich

Einmal müssen sie noch voll da sein. Am 1. Mai fliegt der VfL Stade nach Zürich und spielt in Allensbach am Bodensee das letzte Relegationsspiel. Der Deutsche Handball-Bund (DHB) stimmte der Verlegung des Spiels um einen Tag zu. So kann Trainer Dennis Marinkovic am Vortag in Ruhe die Konfirmation seines Kindes feiern. Der VfL Stade hat nach dem Unentschieden zum Auftakt der Relegation in Wülfrath drei Punkte auf dem Konto. Ein Sieg in Allensbach und dem VfL ist Platz eins und der Klassenerhalt kaum mehr zu nehmen. „Nach dem Sieg heute haben wir es selbst in der Hand“, sagt Marinkovic.

Gelingt der Erfolg am 1. Mai am anderen Ende Deutschlands, sind dem VfL Stade die Irrungen und Wirrungen um diese Abstiegsrelegation herzlich egal. Jedenfalls aus sportlicher Sicht. Blüten treibt diese Abstiegsrelegation dennoch. Denn der VfL kann selbst im Falle einer Niederlage auf den Verbleib in der 3. Liga hoffen. Und jetzt wird es kompliziert.

Die Stader Rückraumspielerin Anja Ziegler (rechts) wird nach dieser Saison ihre aktive Laufbahn beenden. Fotos: Jörg Struwe

Fest steht, dass der DHB in der kommenden Spielzeit aus fünf Staffeln der 3. Liga vier machen wird. Wiederum ein Jahr später soll die 3. Liga auf drei Staffeln reduziert werden. Von 56 Mannschaften werden in diesem Jahr bis zu 20 absteigen. Das ist fast ein Drittel. Würde der VfL Stade wirklich absteigen, wäre er womöglich ein Opfer dieser Strukturreform. Kurz zum Einordnen: Die Mannschaft hat als Aufsteiger zehn Spiele in der regulären Saison gewonnen, das Punkteverhältnis betrug 21:23. Der VfL schlug vier der fünf Top-Teams der Liga. Zur Wahrheit gehört, dass Stade gegen vermeintlich schlagbare Gegner manchmal nicht gut aussah. Aber unterm Strich gilt die Quote unter Aufsteigern als herausragend.

Verwirrende Konstellation im Abstiegsrennen

Erst Mitte Mai steht fest, welche Oberliga-Mannschaft in die 3. Liga strebt. Angeblich haben die Top-Teams der Oberligen Nordsee und Niedersachsen kaum Interesse am Aufstieg. Zudem haben Abstiege aus der 2. Liga Auswirkungen auf das Wohl und Wehe des VfL Stade. Die Szene munkelt beispielsweise, ob Zweitligist Herrenberg direkt zurück geht in die Oberliga. Und wenn Mainz aus der 2. Liga absteigt, müsste auch Mainz II die 3. Liga verlassen.

Von diesem Durcheinander erzählen Kenner der Szene. Denn alles hat Auswirkungen auf die Anzahl der Absteiger aus der 3. Liga. Bald werden die Verantwortlichen beim DHB den Rechenschieber herausholen.

Allein die Relegation kostet Stade 8000 Euro

Beim VfL Stade wird jetzt schon gerechnet. Nämlich in Euro. Finanzchef Gunnar de Buhr bestätigt, dass allein die Relegation dem Frauenteam etwa 8000 Euro kosten wird. 8000 Euro für die Reisen nach Wülfrath bei Düsseldorf und nach Allensbach am Bodensee. Zwei von dann 25 Spielen der Saison verschlingen zehn Prozent des Jahresetats der Handballabteilung des VfL Stade. Und wenn es ganz dumm läuft, wenn Oberligisten kein Interesse an der 3. Liga haben oder Zweitligisten weit nach unten durchgereicht werden, spielen die Ergebnisse der Relegation plötzlich keine Rolle mehr. „Dann hätten wir alles umsonst gespielt“, sagt Gunnar de Buhr. Aber eben nicht kostenlos.

„DHB will keine spielenden Mütter“

De Buhr meint, dass der DHB den Drittliga-Handball professionalisieren will. „Sie wollen keine spielenden Mütter mehr, die zwei, drei Mal pro Woche trainieren“, sagt er. Beim VfL spielen einige Mütter. Der DHB wolle die 3. Liga als Plattform für Ausbildungsteams von Bundesligisten. Zur Professionalisierung, sagt de Buhr, gehöre dann aber auch, dass deutlich frühzeitiger geklärt werde, wer in der 3. Liga bleiben beziehungsweise aufsteigen will.

Dem Trainer des VfL, Dennis Marinkovic, lag in dieser Relegation wegen der Konfirmation seines Kindes nur die Verlegung des letzten Spiels am Herzen. „Der Rest interessiert mich nicht. Das war völlig egal. Kein Gesprächsthema in der Mannschaft“, sagt der Coach über die Abstiegsmodalitäten. Marinkovic sieht diese Spiele, gerade vor heimischer Kulisse oder in Bezug auf die Reise nach Zürich und den Bodensee, eher als „Privileg“. Und was sagt Lisa Prior dazu? „Wenn ich in solch ein Spiel gehe, will ich es auch ums Verrecken gewinnen.“

Quelle: Stader Tageblatt

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