Stader Handballerinnen in der Verfolgerrolle

STADE. Vier Spiele, vier Siege, Tabellenplatz zwei in der Handball-Oberliga stehen für die Frauen des VfL zu Buche. Eigentlich ein Grund zum Feiern, gerade nach einem personellen Umbruch.
Dennoch schaut Trainerin Trula Diminidis nachdenklich in die Zukunft. Mitten in die Erfolgsserie hinein entsteht beim VfL eine besondere Diskussion. Historisch bedingt, stellt der Rest der Liga den VfL immer als Überflieger und Aufstiegsaspiranten dar. Niedrigere Erwartungshaltungen an sich selbst müssen die Spielerinnen auch erst mal zulassen. Das setzt unter Druck. Am vergangenen Wochenende ertönte beim Spielstand von 32:30 für Stade gegen den ATSV Habenhausen die Schlusssirene, und die Spielerinnen des VfL klatschten einander ab. Nicht euphorisch, eher erleichtert. Kaum eine der Siegerinnen jubelte ausgelassen. Das gab Trula Diminidis zu denken. „Die Mädels sollen Spaß am Handball haben. Sie sollen mit Spaß in die Spitzenspiele gehen“, so die Trainerin. Wie am Sonnabend in eigener Halle gegen den TV Cloppenburg. Diminidis: „Ich habe das Gefühl, der Druck hemmt.“
Spielerin Mona Hoffmann (25) reifte in den vergangenen Jahren zur Führungskraft beim VfL. Sie und ihre Kolleginnen haben sich im ersten Training nach dem Habenhausen-Spiel hinterfragt. „Wir dürfen die Erwartungen nicht zu hoch stellen“, sagt sie. Der VfL dürfe sich nicht mehr an vergangenen Zeiten messen, als das Team gespickt war mit Drittliga-erfahrenen Spielerinnen und als die Partien in der Oberliga fast ausnahmslos Selbstläufer waren. „Heute müssen wir um jeden Punkt kämpfen. Früher war das selbstverständlich“, sagt Hoffmann, die in den nächsten Spielen aufgrund einer Bildungsreise nach Kuba nicht bei der Mannschaft sein kann. Erst wenn Kämpfen und Siegen dauerhaft im Einklang stehen, käme die Euphorie zurück. In den Jahren in der dritten Liga biss sich der VfL durch, in der Oberliga gehörte der Verein immer zu den Titelaspiranten. „Heute sind wir höchstens Verfolger“, sagt Hoffmann.
Der VfL macht das aktuell ziemlich erfolgreich und hat in den nächsten Jahren einiges vor. Abteilungsleiter Uwe Witt will sich der Druck-Diskussion nicht anschließen und schaut lieber in die Zukunft. „Der Sprung in die dritte Liga soll in absehbarer Zeit gelingen“, sagt Witt. Das Flaggschiff des VfL müsse in der dritten Liga Vorbild werden für die jungen Talente aus dem Verein. Denn da wächst richtig Qualität heran, die Perspektiven benötigt. Bis zur C-Jugend runter kümmern sich erstklassige Trainer um die jungen Handballerinnen. Der ehemalige Bundesligaspieler Simon Bube trainiert die A-Jugend, die erfahrenen Trainer Torsten Duda und Manfred Hartkopf kümmern sich um die B- und C-Jugend. Die besten Spielerinnen bekommen ihre Einsatzzeiten einen Jahrgang höher. Das formt und härtet ab. Selbst einen Startplatz in der A-Jugend-Bundesliga peilt Witt für den VfL Stade in den nächsten Jahren an. Über viele Jahre habe der Verein die Spielerinnen für die erste Mannschaft immer aus der eigenen Jugend rekrutiert. Dass das derzeitige Oberliga-Personal für die dritte Liga nicht ausreichen würde, ist auch Witt klar. Im Falle eines Aufstiegs müsse der VfL sportlich und finanziell draufsatteln.
Schlüsselspielerinnen wie Torhüterin Kristina Teske, Dragica Klindo und Julia Ammann haben den Verein verlassen. Jetzt agiert der VfL mit der 30-jährigen Evelyn Voigt aus der zweiten Mannschaft zwischen den Pfosten. Stade hat dazu Nikola Augustin reaktiviert und für die junge Jenni Teipelke vom Drittligisten aus Hollenstedt ein Doppelspielrecht vereinbart. Die erst 17-jährige Sandra Nickel und Merle Alpers aus der eigenen zweiten Mannschaft übernehmen plötzlich auf der Spielmacher-Position Verantwortung.
Trula Diminidis fordert den Spaßfaktor und die Rückkehr zur Leichtigkeit. Sieg oder Niederlage sind da zweitrangig.
TV Cloppenburg
Am Sonnabend um 18 Uhr empfängt der VfL Stade in der Sporthalle des Vincent-Lübeck-Gymnasiums in Stade den aktuellen Tabellenvierten TV Cloppenburg. Cloppenburg musste bislang eine Saisonniederlage in vier Spielen hinnehmen. In Garrel verlor die Mannschaft knapp mit 16:17.
 
Quelle: Tageblatt
Autor: Daniel Berlin

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