STADE. Die Handball-Abteilung des VfL Stade hat am Dienstag den 35-jährigen Jens Dove-Pirker als neuen Trainer der Frauenmannschaft vorgestellt. Der gebürtige Nordhorner lebte zuletzt in Liechtenstein, trainierte in der Schweiz beim renommierten LC Brühl.
Nun will Dove-Pirker mit dem Stader Drittligisten als Nachfolger von Trula Diminidis die sportliche Talfahrt beenden.
An der kurzen Leine führt Jens Dove-Pirker seine Hündin Ida durch die Stader Altstadt. Es nieselt. Wie es ist, in Norddeutschland zu sein, hat Dove-Pirker nie so ganz vergessen. Er mag das Wetter, auch wenn es trübe ist. In einem Café am Fischmarkt genießt er seinen Cappuccino. Er mag die Stader Altstadt, das Beschauliche. Wobei die nächsten Tage im Leben des neuen Stader Handballtrainers durchaus stressig werden könnten.
Dove-Pirker las am vergangenen Donnerstag den Facebook-Post mit der Trainersuche von Gunnar de Buhr, der beim VfL für die Finanzen zuständig ist und reagierte prompt. Die beiden schrieben sich, telefonierten, am Sonntagmorgen setzte sich Dove-Pirker ins Auto und fuhr aus seiner Wahlheimat Liechtenstein nach Stade. Fünf Stunden unterhielten sich die Männer. Der Abend endete mit einem Handschlag, der Dove-Pirker jetzt an den VfL bindet. Der Wechsel passe einfach in die Zeit. Dove-Pirker war handballerisch, beruflich und privat nicht mehr gebunden. Er wollte sich verändern.
Neue Mannschaft vorgestellt
Am gestrigen Dienstag stellte sich Dove-Pirker seiner neuen Mannschaft vor. Weil sein sportliches Engagement mit einem Hauptjob steht und fällt, sitzt er heute einem Personaler eines Alten- und Pflegeheims in Stade gegenüber, in dem der gelernte Bäcker Küchenleiter werden möchte. Er hat ein gutes Gefühl, was seine berufliche Zukunft angeht.
Was die sportliche Zukunft des angeschlagenen VfL Stade angeht erst recht. Nach dem einkalkulierten Aus im DHB-Pokal und fünf Niederlagen in fünf Ligaspielen, stellte Trula Diminidis (41) ihren Posten zur Verfügung. „Ich glaube fest an das Team, sonst hätte ich es nicht übernommen“, sagt Dove-Pirker. Das Drittliga-Potenzial habe er in Ansätzen gesehen. Alle Ligaspiele des VfL schaute sich Dove-Pirkner bereits auf Video an. „Wenn es mit dem Klassenerhalt noch klappen sollte, wäre das schön“, sagt der neue Coach. Unter großem Druck steht der Mann in Stade offenbar nicht.
Vier Punkte in zwei Spielen angestrebt
Vier Punkte aus den nächsten beiden Spielen findet Dove-Pirker gar nicht so abwegig. Am Dienstag, 31. Oktober, spielt der Tabellenletzte beim Achten in Schwerin. Am Sonnabend drauf empfängt der VfL die HSG Jörl DE Viöl, aktuell immerhin Sechster. Viel Zeit hat Dove-Pirker nicht, um die Mannschaft auf die beiden richtungsweisenden Spiele einzustimmen. Nach dem ersten Kennenlernen in Stade düst er zurück nach Liechtenstein, packt am Sonntagmorgen den Umzugslaster und trifft wahrscheinlich erst einen Tag vor seinem ersten Spiel in Stade ein.
Dove-Pirker setzt auf Athletik, auf Schnelligkeit und Kraft, aber vor allem auf Härte. „Wir müssen Zähne zeigen“, sagt er. Die Abwehr habe zu brav agiert. Kaum eine Stader Spielerin hat ihrer Gegnerin so stark auf die Finger geklopft, dass dieser die Lust an einer erneuten Angriffsaktion vergangen ist. Im Angriff fehlt dem VfL zudem die Wurfeffektivität. „Das ist Kopfsache“, sagt Dove-Pirker. Die Spielerinnen hätten den Ball wie eine heiße Kartoffel weitergegeben, die Verantwortung gescheut. Das sei jedenfalls sein erster Eindruck nach den Videoanalysen.
„Ich werde meine Philosophie nicht von heute auf morgen durchboxen“, sagt Dove-Pirker. Er wolle dem Team vielmehr von Spiel zu Spiel die Unsicherheit nehmen. Der VfL benötige Ruhe und vor allem wieder Selbstvertrauen und ein Erfolgserlebnis.
Zur Person
Jens Dove-Pirker (35) hat bis zu seinem 19. Lebensjahr für die HSG Nordhorn gespielt. Er schaffte es bis in den Kader der zweiten Mannschaft in der damaligen Regionalliga. Danach verpflichtete er sich acht Jahre lang bei der Bundeswehr und arbeitete in der Küchenleitung der Stabs- und Versorgungskompanie. Während dieser Zeit begann er seine Trainerkarriere und übernahm erste Jugendmannschaften. Nachdem er die Schweizer Handball-Ikone Vroni Keller kennenlernte, startete er sein Engagement in verschiedenen Teams des LC Brühl. Mit 30 Meister- und 10 Cuptiteln ist der LC Brühl Handball der erfolgreichste Frauen-Handballverein der Schweiz (Quelle: Wikipedia). Dove-Pirker ist Bäcker, Koch und Küchenleiter. Seine Salatsoßen sollen bei der Bundeswehr Berühmtheit erlangt haben.

Diminidis gibt sich selbstkritisch

STADE. Nach der fünften Niederlage im fünften Ligaspiel hat Trula Diminidis ihren Trainerinnenposten beim Handball-Drittligisten VfL Stade zur Verfügung gestellt. Eine Woche später präsentiert der VfL mit Jens Dove-Pirker (35) einen Nachfolger. Nach heutigem Stand werden Co-Trainerin Kirsten Willmann und Torwarttrainerin Silke Christiansen bleiben, genau wie alle Spielerinnen.
„Nur ein neuer Trainer kann die Karten neu mischen und die Spielerinnen aus der Komfortzone holen“, sagt Diminidis. Sie habe dies nicht geschafft, den Misserfolg kommen sehen und nichts daran geändert. Für die Oberliga haben 100 Prozent Einsatz gereicht. Ob die Spielerinnen bereit waren, mehr zu geben und über ihre Grenzen hinauszugehen, konnte Diminidis nicht ergründen. Ihnen vermitteln, dass es nur mit mehr Einsatz geht, konnte sie auch nicht. Vielleicht lief es für den VfL in der Oberliga in der vergangenen Saison zu gut. Stades Vorsprung wuchs auch deshalb schnell an, weil sich die Verfolger gegenseitig die Punkte abnahmen. „Wenn du so überragend aufsteigst, darfst du kein Kanonenfutter sein“, sagt Diminidis.
Die 15:33-Niederlage gegen Frankfurt am zweiten Spieltag spiegelt die Verfassung des VfL wider. Beide Teams warfen gleich oft aufs Tor, beide Teams leisteten sich die gleiche Anzahl an technischen Fehlern. Nur dass Stades Wurfquote bei weit unter 50 Prozent lag, während die Frankfurterinnen von der VfL-Abwehr ungehindert werfen konnten. In jedem Oberligaspiel vergab Stade auch mindestens zehn Hochkaräter, hatte aber 50 Chancen.
2009 führte Diminidis den VfL nach drei Aufstiegen in die dritte Liga. Nach einer Pause übernahm sie das Team 2015 als Oberligist und schaffte 2017 den Aufstieg. Sie will als Athletik- und Ernährungstrainerin weiterarbeiten und führt eine Marketing-Agentur. (db)
Quelle: Daniel Berlin, Stader Tageblatt

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