Der VfL Stade geht mit einem sehr jungen Team in die Regionalliga, dessen Herzstück ein paar junge Mütter sind. Lisa Prior und Julia Wichern meistern den Spagat aus Familie und Sport – und hängen ein Jahr dran. Die Saison beginnt aber mit Ärger.

Stade. Die Handballerinnen des VfL Stade dominierten die Oberliga und spielen künftig in der neu gegründeten Solarservice Norddeutschland Handball Regionalliga.

Zum Kader gehören weiterhin Lisa Prior (33), Julia Wichern und Torhüterin Nicola Augustin (beide 36). Sie sind die einzigen Spielerinnen über 30. „Ich bin so etwas wie die Oma der Mannschaft“, lacht Wichern. Die meisten Mitspielerinnen sind zwischen 19 und 21 Jahren alt.

Für Spielmacherin Prior und Kreisläuferin Wichern ist das Alter aber nur eine Zahl. „Wir haben noch immer Spaß und fühlen uns fit“, erklären beide, warum sie noch ein Jahr dranhängen. Ist es ihre letzte Saison?

Prior und Wichern wollen von Spielzeit zu Spielzeit entscheiden. „Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, es nicht mehr zu machen“, sagt Wichern. Prior ergänzt: „In dem Team zu spielen, hält einen jung.“ Sie grinst.

Stade setzt weiter auf Tempo-Handball

Beide wollen nur nicht den Punkt verpassen, an dem sie nicht mehr mithalten können. „Ich will nicht über das Spielfeld kriechen“, sagt Prior. Der Moment scheint noch fern.

Die beiden treiben das Tempospiel des VfL an. Stade ist für schnelles Umschalten von Abwehr auf Angriff berüchtigt. „Durch die schnellen leichten Tore setzt man den Gegner unter Druck und spart selbst Körner“, erklärt Wichern. In der Oberliga erzielte das Team überragende 852 Tore in 24 Spielen – Prior war die beste Werferin, Wichern die viertbeste.

„Sie sind im Team die Taktgeber, strahlen Routine aus und geben dem Nachwuchs wichtige Tipps“, sagt Trainer Dennis Marinkovic. Beide arbeiten professionell und zählen im Ausdauertraining zu den Besten.

Durchtrainiert: Lisa Prior fühlt sich noch fit genug. Foto: Struwe

Marinkovic hat daher keine Bedenken, dass die beiden Trainingsrückstand bekommen, weil sie aus beruflichen und privaten Gründen nur zweimal pro Woche trainieren. Eigentlich stehen vier Trainings im Plan. „Ich gebe ihnen gerne die Freiheiten und die nötige Rückendeckung“, sagt Marinkovic.

Familie als große Hilfe

Die Familien von Lisa Prior und Julia Wichern helfen den Spielerinnen ebenfalls. Prior hat eine dreijährige Tochter, Wichern hat drei Mädchen (9, 6 und 2). Wenn ihre Männer keine Zeit haben, springen die Großeltern ein.

„Die Unterstützung ist ein großes Plus“, sagt Prior. Die Wicherns nehmen ihre Kinder zu kürzeren Auswärtsfahrten mit. „Meine Eltern lieben den Sport, die Kinder finden es spannend“, sagt Julia Wichern.

Die neue Regionalliga kommt ihnen nicht nur aus sportlicher Sicht, sondern auch zeitlich zugute. Manche Fahrten sind länger, die Liga ist aber kleiner als die Oberliga (12 statt 14 Teams), sodass der VfL insgesamt nur fast vier Stunden länger fahren muss als bisher. Verkraftbar.

VfL setzt auf Spielerinnen aus der Region

Zum Saisonauftakt am 1. September reist der VfL Stade zum Hannoverschen SC. Der VfL kennt viele Gegner nicht. Trainer Marinkovic weiß aber: „Die Liga setzt sich aus vielen Spitzenteams zusammen und hat ein richtig gutes Niveau“, Dabei sind unter anderem die jeweils drei besten Mannschaften der Oberliga Nordsee und Niedersachsen sowie vier Absteiger aus der 3. Liga.

Lisa Prior und Julia Wichern wollen auch in der Regionalliga gemeinsam zupacken. Foto: Struwe

Mit Spielglück und guter Form könne man sich oben etablieren, sind sich Marinkovic, Prior und Wichern einig. „Haben wir jedoch eine schlechte Tagesform oder Verletzungspech, kann es auch nach unten gehen“, so der Coach. „Wir müssen auf den Punkt liefern.“

Nicht mehr dabei ist Selina Jopp. Sie wechselte in die Bundesliga. Neu im Team sind unter anderem Emelie Harms vom Buxtehuder SV und Malin Pods von Werder Bremen. Pods ist eine von zwei Spielerinnen im Kader, die nicht aus dem Kreis Stade kommen.

Strafe: Stade startet mit Minuspunkten

Als Oberliga-Meister hätte der VfL Stade an der Aufstiegsrunde für die 3. Liga teilnehmen können. Der VfL verzichtete. „Das gesamte Paket wäre für uns nicht realisierbar gewesen“, erklärt Marinkovic. Sportlich sei der Schritt vielleicht machbar gewesen, wirtschaftlich traute sich der VfL die höhere Liga aber nicht zu. „Wir möchten uns weiter professionalisieren, aber nachhaltig“, sagt Marinkovic.

Der Handballverband Niedersachsen-Bremen zeigte wenig Verständnis und bestrafte Stade mit zwei Minuspunkten. Der VfL habe sein Aufstiegsrecht nicht wahrgenommen, so die Begründung. Die Punkte werden nach der Saison abgezogen. „Der DHB will alles professionalisieren und bestraft einen ehrlichen Verein, der noch nicht so weit ist“, kritisiert Marinkovic.

Zudem habe niemand einen Nachteil gehabt. Statt Stade durfte Eintracht Hildesheim in die Aufstiegsrunde. Der VfL-Trainer kann die Situation nicht ändern und sagt daher: „Das ist zwar ein kleiner Rucksack, den wir schleppen müssen, aber wir nehmen ihn als Motivation.“

Quelle: Stader Tageblatt

 

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