Lange herrschte Ungewissheit. Jetzt ist klar: Der VfL Stade steigt aus der 3. Liga ab. Die Zielsetzung für die Oberliga und ein Neuzugang stehen bereits fest. Doch die Umstände des Abstieges sorgen für Unmut und Kritik am DHB.

Am Donnerstag um 9.32 Uhr hatte Gunnar de Buhr endlich Gewissheit: Stade spielt in der kommenden Saison eine Liga tiefer. Das geht aus einer Mail des Deutschen Handballbundes (DHB) hervor, die dem TAGEBLATT vorliegt. „Für den Augenblick ist das enttäuschend“, sagt der Finanzchef des VfL.

Der VfL Stade hatte bis vor einem Monat in einer Abstiegsrelegation um den Klassenerhalt gespielt. Zwar verpasste die Mannschaft das direkte Ticket für die 3. Liga, allerdings gab es eine Restchance. Denn unklar war, welche Vereine in der 3. Liga spielen wollen, welche Oberligisten ihr Aufstiegsrecht wahrnehmen und welche Auswirkungen die Abstiege aus der 2. Liga haben.

3. Liga erreicht wieder Normstärke

Seit Donnerstag steht fest, dass es für den VfL Stade nicht reicht. Neben Relegationssieger Thüringer HC II sicherte sich der Zweite SV Allensbach einen Platz, weil Zweitliga-Absteiger Herrenberg nicht für die 3. Liga meldete. Stade wurde Dritter.

Insgesamt steigen 19 Mannschaften aus den Drittliga-Staffeln in die Oberligen ab. Demgegenüber stehen zwölf Aufsteiger aus den Landesverbänden. Somit starten 48 Teams in der neuen Saison in der 3. Liga, die damit wieder Normstärke erreicht und in nur noch vier Staffeln ausgetragen wird. Das ist Teil der Strukturreform des DHB.

VfL-Trainer kritisiert DHB

„Klar hätten wir uns gefreut, in der 3. Liga zu bleiben“, sagt VfL-Trainer Dennis Marinkovic. „Aber es wäre auch eine schier unlösbare Aufgabe gewesen, jetzt noch eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen.“ Es sei ein „Unding“ gewesen, die Mannschaften so lange im Ungewissen zu lassen, sagt Marinkovic. Trainingsstart ist Ende Mai.

Das hat Auswirkungen auf die Planung, auf die Gespräche mit Spielerinnen und Sponsoren. „Mit der ein oder anderen Spielerin müssen wir uns jetzt noch mal hinsetzen“, sagt Marinkovic. Immerhin: Mit Madlin Baumgarten kommt ein gut ausgebildetes Torhüter-Talent von der HSG Bützfleth/Drochtersen. Das stand schon im April fest, unabhängig von der Liga. Marinkovic geht davon aus, dass der VfL insgesamt sehr gut für die Oberliga aufgestellt sei. Der Großteil der Mannschaft bleibe zusammen.

Das Ziel ist ein Platz unter den ersten Sechs, denn so würde sich der VfL für die neue Regionalliga qualifizieren, die ab der Saison 2024/25 zwischen 3. Liga und Oberliga eingeführt wird. „Aber einfach wird das nicht. Auch die Konkurrenz hat aufgesattelt“, so der VfL-Trainer.

Stader stellen sich für neue Saison auf

Finanzchef de Buhr rechnet damit, dass der VfL 65.000 Euro für die Oberliga-Saison braucht. „Wir haben allein für die Relegation rund 10.000 Euro verbraten“, sagt de Buhr. Aber das ist nicht der einzige Grund für den recht hohen Etat: „Wir planen die Saison so, als ob wir in der dritten Liga spielen würden.“ Der VfL Stade will wettbewerbsfähiger werden.

Dazu gehört auch der Unterbau, der mit Jugendtrainerin Natascha Kotenko vom Buxtehuder SV – „eine Topkraft“, so de Buhr – verstärkt wird. „Machen wir uns nichts vor, die neue Regionalliga wird eine kleine dritte Liga sein.“ Der VfL Stade richtet den Blick wieder nach oben.

Laut DHB wird der Buxtehuder SV II auch in der neuen Saison in der dritten Liga spielen.


Kommentar: Ein Armutszeugnis für den DHB

Von Daniel Berlin
Es ist ein schlechter Scherz, dass das Wohl und Wehe eines Vereins wie dem VfL davon abhängt, ob sich ein Verein aus der Oberliga Mitteldeutschland Ende Mai für den Aufstieg in die 3. Liga entscheidet oder nicht. Ein Armutszeugnis für den Deutschen Handballbund.

Vor einem Monat haben die Handballerinnen des VfL Stade die Relegationsspiele um den Klassenerhalt in der 3. Liga bestritten. Jetzt haben sie vom Deutschen Handballbund (DHB) erfahren, dass sie in die Oberliga absteigen müssen.

Diese Hängepartie ist ein Armutszeugnis für den DHB und eine Katastrophe für Amateurvereine wie den VfL Stade. Dabei hätte dieses Desaster mit ein, zwei Handgriffen verhindert werden können.

Der DHB reformiert die 3. Liga. Er reduziert die Anzahl der Ligen und die Anzahl der Mannschaften. Dass bei solchen Reformen nicht alles geräuschlos läuft, ist klar. Aber der DHB hat gezeigt, dass er sich im Vorfeld offenbar nicht mit den potenziell Betroffenen auseinandergesetzt hat, und wenn doch, sie nicht erhört hat. Jetzt zahlen die Vereine die Rechnung.

Vorbereitung und Kaderplanung unmöglich

Der VfL Stade zahlte für die Relegationsspiele in Wülfrath und am Bodensee 8000 Euro. Das entspricht einem Zehntel des Jahresetats. Aber das Ausmaß der Misere, die der Modus mit sich brachte, wird erst jetzt deutlich.

VfL-Trainer Dennis Marinkovic hat bei der Verpflichtung von Spielerinnen kaum Argumente. Wenn die fragten, in welcher Liga Stade denn spiele, zuckte der Coach nur mit den Schultern. Kaderplanung? Unmöglich. Die sportliche Vorbereitung der nächsten Saison war für Marinkovic nicht konzipierbar. Wann steigt eine Mannschaft ins Training ein? Welche Intensität muss das Team an den Tag legen? Eine, die für die 3. Liga oder die Oberliga ausgelegt ist? Gegen wen bestreitet der VfL Testspiele? Keine Ahnung.

Und zu guter Letzt wieder das liebe Geld: Das Budget für die Saison war nicht planbar. In den Gesprächen mit Sponsoren kann der VfL nicht sagen, ob der Name des Geldgebers in den Grenzen Niedersachsens oder in ganz Norddeutschland auf den Trikots verbreitet wird.

Keine Lehren aus der Corona-Pandemie

Mit zwei Kniffen hätte der DHB die ärgsten Probleme verhindern können. Warum fragte der Handball-Dachverband nicht im Februar oder März verbindlich ab, welcher Oberligist später das Aufstiegsrecht auch wahrnimmt?

Und warum lernt der DHB nicht aus der Corona-Pandemie?

Damals hatten die Verbände bei Saisonabbrüchen die Quotientenregelung (das Verhältnis zwischen der Anzahl der Spiele und der Punkte) genutzt, um über Auf- und Abstieg zu entscheiden. Die Quotienten aller Teams, die diese unsägliche Relegation spielen mussten, wären ein fairer Maßstab gewesen. Und kostengünstiger.

Aber der DHB hat am Ende der kommenden Saison die Chance, alles besser zu machen, wenn die Strukturreform in die zweite Phase geht.

Quelle: Stader Tageblatt

Next Matches
Archive
Newsletter
Trage dich jetzt in unseren Newsletter ein.